Chiang Mai Tag 1 & 2
Irgendwie habe ich offenbar ein gestörtes Verhältnis zu Schlössern entwickelt. Angefangen hat es am ersten (richtigen) Abend in Chiang Mai, als ich nach einem Tag voller Tempel und Buddhas meine Zimmertür hinter mir zugezogen habe und den Knauf fast in der Hand hielt. Und dann half kein Drehen, Drücken, Rütteln oder Ziehen – ich war eingesperrt. Zum Glück sind das hier lauter kleine Reihenbungalows, also ebenerdig und vor meinem Schiebefenster war ein Moskitogitter nur mit Klettverschluss, dass ich abziehen konnte. Also bin ich aus dem Fenster gekrabbelt und habe Mac, meinen netten Hostel-Wirt, „Mac“, aus seinem Feierabend im Nachbarhaus geholt. Der hat den Knauf wieder heile gemacht, hat mir versichert, dass es nicht meine Schuld war und mir danach aber 10 Minuten lang gezeigt, wie man am besten eine Tür öffnet und schließt… Und heute bin ausnahmsweise erst um 10 aus dem Bett gefallen und habe beschlossen, einen entspannten Tag zu machen und die Stadt mit dem Rad zu erkunden. Das war auch schick rot und hat ein Körbchen und einen Rückspiegel, aber leider auch ein Ringschloss, dass zwar zu, aber nicht mehr aufging. Zum Glück ist Mac das noch selbst aufgefallen, und nach einigem Hin und Her war dann klar, dass es mit einem kleinen Trick funktioniert (Nippel durch die Lasche und so). Als ich dann bei meinem ersten größeren Stopp todesmutig das zickige Schloss zumschieben wollte – hab ich noch nicht mal das geschafft. Es gab aber noch ein Kabelding (ungefähr von der Sicherheit und dem Aussehen einer Wäscheleine) mit Vorhängeschloss, dass ich dann einfach benutzt habe. Soviel zu den Schlössern und mir.
1. Tag
Jetzt jedenfalls zu meinem ersten Tag in Chiang Mai. Mein Guesthouse, das „Mirror House“, besteht aus kleinen Reihenbungalows mit einer kleinen Grünfläche in der Mitte, einer kleinen lustig zusammengewürfelten „Küche“, in der man sich kostenlos Tee und Kaffee kochen, einen Kühlschrank und eine Mikrowelle benutzen kann, und einem großen Esstisch, auf dem immer frisches Obst für alle steht. Auch da habe ich Mac nicht von meiner Intelligenz überzeugen können. Das Wasser, was wir zum Teekochen benutzen können, ist in sehr großen Wasserkanistern. Natürlich war ich viel zu schwach, um die bis zum Wasserkocher zu wuppen – und brauchte ihn dazu, um zu merken, dass man ja auch den Wasserkocher auf die Erde stellen und dann den Kanister nur ankippen braucht … Beim Frühstück habe ich dann einen netten dänisch-schottischen Arzt kennengelernt, der sich gerade eine Auszeit gönnt und direkt für einen Monat hier eingemietet hat. Er hat mir direkt ein paar Tipps gegeben (die ich sofort wieder vergessen habe) und wir haben über die Engstirnigkeit von Ärzten gelästert (seine Wortwahl!), die keine Ahnung von Ernährung (er ist selbst Vegetarier) und Ganzheitlichkeit des Menschen haben.
Und dann bin ich los, Chiang Mai – zumindest die Altstadt – zu Fuß zu erkunden. Die ist schön quadratisch von einem Wassergraben und den Resten einer alten Stadtmauer umgeben, so dass man sich gar nicht verlaufen kann. Ganz so klein ist sie dann aber doch nicht und die Thais haben es geschafft, ganz, ganz viele tolle Tempel darin unterzubringen. Die sehen hier im Norden ganz anders aus als in Bangkok und im Süden. Hier ist alles mit dunklem Holz, Rot und Gold verziert und wirkt so direkt ganz anders und viel erhabener und schwerer. Mich hat es jedenfalls sehr beeindruckt und ich habe so viel geknipst, dass mein Handy irgendwann fast leer war (und mir auffiel, dass ich meine Powerbar im Zimmer liegen gelassen hatte). Ein wenig gruselig fand ich die ganzen Wachsmönche, die in vielen Wats aufgestellt waren. Die sahen wirklich ziemlich echt aus. Gruselig fand ich auch die Fische (Karpfen oder so?), die man an einem Tempel füttern konnte. Ich hab es nur beobachtet, wie die Flossen und tentaligen Mäuler das Wasser in ein Bild verwandelt haben, das auch aus Aien oder so hätte stammen können …
Und dann hatte ich noch eine echt lebendige Begegnung: An der Mauerecke einer Tempeleinfahrt habe ich plötzlich eine lange, dünne und sehr grüne Schlange entlangzüngeln sehen! Meine erste echte wilde Schlange in Thailand (wobei ich immer noch glaube, damals 2000 im Kloster auch eine gesehen zu haben, aber das ist nur ein „vielleicht“ – diesmal war es ein „im echt“). Was das jetzt für eine Sorte war und ob sie gefährlich war habe ich nicht herausfinden können, sie hat sich leider sofort aus dem Staub gemacht, bevor ich sie richtig mit der Kamera einfangen konnte. (Dabei fällt mir gerade ein: es ist die zweite echte Schlange: Im Khao Yai Nationalpark haben wir bei der Nachtour eine fette Boa (oder Python?) gesehen, die sich in aller Gemütsruhe ordnungsgemäß über den Zebrastreifen geschoben hat. Im Gegensatz dazu hat dieses lange, dünne Vieh sich richtig geschlängelt.)
Als ich mir dann an einem Straßenstand Süßkartoffelbällchen gekauft habe, hat mich ein netter Thai (der mir geholfen hat, herauszufinden, dass da auch wirklich kein Ei und keine Milch drin ist) darauf aufmerksam gemacht, dass ab 17 Uhr ein großer Sonntags-Straßenmarkt in der Ecke stattfindet. Und groß war der wirklich. Und voller toller Sachen! Ich bin etwas eskaliert, aber noch sollte alles in meinen Koffer passen. Als dann mein Handy-, mein Kamera- und auch das Silke-Akku leer war und der Bauch voll, habe ich den Bummel dann abgebrochen und nach Hause. Wahrscheinlich war die Sache mit dem Türknauf ein unterbewusster Versuch, mich von weiteren Shopping-Eskapaden abzuhalten…
2. Tag
Der zweite Tag war dann etwas ruhiger, schon weil ich so spät aufgestanden bin. Außerdem war Wäsche waschen angesagt. Nachdem ich mit meinem Leihrad dann nochmal zurück bin, weil die Bremsen irgendwie so gar nicht funktioniert haben, habe ich mich dann mit halbwegs repariertem Bremsdings und dem Körbchen voller Wäsche auf die Suche nach einem Wäscheservice gemacht. Erstaunlicherweise gibt es hier vor allem Münzwäschereien, aber da hatte ich keine Lust drauf, ich wollte Waschen lassen. Ich hab dann doch noch eine gefunden, 80 Baht (2,40€) für den dicken Sack Dreck bezahlt und bin dann weiter durch die Gegend geradelt. Als erstes bin ich aber direkt an einem veganen Restaurant names „Goodsouls“ abgetropft und habe dort eine superduper leckere Nordthailändische Nudelsuppe gegessen. Dann bin ich noch mit einem ziemlich verrückten Katalanen und einer sehr netten Engländerin ins Gespräch gekommen, die hier als digitale Nomaden arbeiten. Das Mädel will demnächst nach Vietnam weiter und weiß noch nicht, wann und ob sie wieder nach England zurückkehrt, denn: Hier ist jede Unterkunft um Klassen billiger als eine winzige Wohnung in England.
Äh….
Falls Sarah und Daniel hier mitlesen: Ich würde auch gern von hier aus weiterarbeiten für die nächsten Monate … Büdddeeeeee!!! 😉
Dann habe ich mich todesmutige mit dem Rad aus dem geschützten und recht ruhigen Bereich der Altstadt herausgewagt und habe mich daran gemacht, das Chiang Mai drumherum zu erkunden. Ich hatte auf Google irgendwelche Wasserflächen gesehen, da wollte ich hin – durfte ich aber nicht, denn das war den reichen Golfclub-Schnöseln vorbehalten. Pöh! Dafür habe ich einen netten kleinen Park mit einem Bach gefunden, der echt idyllisch war, obwohl direkt daneben der Verkehr gerauscht ist. Außerdem habe ich noch einen chinesischen Tempel entdeckt und vor allem festgestellt, dass man sehr gute Nerven braucht, um hier mit dem Rad unterwegs zu sein. Ich werde mich nicht so schnell wieder darüber beschwerden, wenn Zuhause ein doofer Autofahrer wieder zu nah an mir vorbeirauscht. Denn jetzt weiß ich, was nah heisst … Doch ich habe überlebt und sogar den Bahnhof gefunden und direkt mal geschaut, ob ich am Samstag mit dem Zug wieder Richtung Süden zuckel. Aber so ganz sicher bin ich mir noch nicht, kommt darauf an, ob ich noch ein gutes Ticket bekomme. Als mich dann abends der Hunger wieder in die Altstadt getrieben hat (zu Fuß, sicher ist sicher), ist mir plötzlich klar geworden, dass ich gar nicht mehr so genau weiß, ob ich den Waschsalon so ohne weiteres wiederfinde. Darum bin ich erst einmal nervös durch die Ecke getitscht, in der der kleine Laden (das sind hier ja alles keine richtigen Geschäfte wie bei uns) sein musste und war erst beruhigt, als ich ihn wiedergerfunden und mir diesmal die Stelle gemerkt habe (danke, Google). Übrigens ist das Angebot an veganen Restaurants oder Restaurants mit veganen Optionen extrem groß. So krass viel habe ich das echt noch nirgends gesehen. Aber leider habe ich nur einen Magen (der an dem Abend dann mit Dal und Naan gefüllt habe).